Abhängigkeit oder gutes Geschäft ?


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NACHGEFRAGT  Wartenberg steht Kläranlagenanschluss von Angersbach an die Kreisstadt skeptisch gegenüber / Was sagt Lauterbach dazu ?

WARTENBERG/LAUTERBACH - Die Angersbacher Kläranlage muss erneuert werden. Und die Zeit drängt, denn bis zum Ende des Jahres muss die Planung stehen. Nach längeren Diskussionen hat das Wartenberger Parlament nun beschlossen, zwei Varianten parallel zu verfolgen: Es soll an den Planungen für eine neue Anlage in Angersbach zum Preis von etwa 5,7 Millionen festgehalten werden, gleichzeitig möchte das Parlament einen unterschriftsreifen Vertrag für einen Kläranlagenanschluss nach Lauterbach sehen. 

Auf dem Weg zur Burgruine, nahe des Grünablageplatzes, liegt die in die Jahre gekommene Angersbacher Kläranlage.
Auf dem Weg zur Burgruine, nahe des Grünablageplatzes, liegt die in die Jahre gekommene Angersbacher Kläranlage.

Foto | Annika Rausch

Der Anschluss an die Nachbarstadt würde die Gemeinde 5,2 Millionen kosten. Die Tendenz in der Gemeindevertretung scheint derzeit zum eigenen Modell zu gehen, da dies "mehr Sicherheit" biete. Doch was ist an dem "Lauterbacher Modell" angeblich unsicher ? Der LA fragte bei Lauterbachs Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller, erstem Stadtrat Lothar Pietsch und Reiner Georg vom Fachbereich Finanzen nach.


Das sagt Wartenbergs Bürgermeister

"Wir haben uns in der vergangenen Parlamentssitzung darauf geeinigt, dass wir einen Vertrag ausarbeiten. Und vom Zeitpunkt der Fertigstellung an hat Lauterbach vier Wochen Zeit, darauf zu reagieren." So fasst Wartenbergs Bürgermeister Dr. Olaf Dahlmann den Beschluss der vergangenen Parlamentssitzung bezüglich des Kläranlagenanschlusses nach Lauterbach zusammen. Er habe auch Lauterbachs Bürgermeister nach der Sitzung darüber informiert, dass seine Gemeinde einen Vertrag ausarbeiten werde.

 

Es sei richtig, dass das Angebot der Stadt Lauterbach seit April vorliege. Doch die Preissenkung um rund 300.000 Euro habe ihn erst im September erreicht und habe daher erst in der Septembersitzung des Parlaments neu diskutiert werden können. "Wenn solch ein Vertrag ausgearbeitet werden muss, fallen auch Kosten an. Und dafür wollte ich ein klares Signal aus der Gemeindevertretung und somit ein Mandat haben." Schließlich hätte sich das Parlament auch gegen die Möglichkeit eines Anschlusses nach Lauterbach aussprechen können.

"Unser Angebot liegt bereits seit April vor", erklären die Stadtvertreter unisono. Bereits ein Jahr dauerten die Verhandlungen mit Wartenberg nun an, und eigentlich könnte der Vertrag - sollte er denn gewollt sein - bereits stehen. Auf Nachfrage der Gemeinde Wartenberg und des von ihr beauftragten Ingenieurbüros im August sei die Stadt sogar im September von ihrem einmaligen Anschlussbeitrag in Höhe von rund 1,136 Millionen mit Zustimmung des Magistrates auf rund 824.000 Euro heruntergegangen. "Um die Sache nicht zum Scheitern zu bringen, haben wir uns in der Mitte unserer Forderungen geeinigt", erklärt Reiner Georg, und Rainer-Hans Vollmöller hakt ein: "Wir haben ein seriöses und nachvollziehbares Angebot abgegeben." Da auch keinerlei weitere Nachfragen seitens Wartenberg eingetroffen seien, war man von einem Konsens bezüglich der Grundlagen ausgegangen. Und die Stadt habe Wartenberg sowohl im April als auch im September bereits um einen Vertragsentwurf gebeten, "Während der ganzen Verhandlungen befanden wir uns grundsätzlich auf gleicher Linie", resümiert Reiner Georg den Verlauf. Es handele sich bei den Kosten um eine einmalige Anschlussgebühr und einen jährlichen Beitrag in Höhe von 120.000 Euro. Wartenberg müsse natürlich noch in den Bau der Leitungen nach Lauterbach investieren, aber das sei Sache der Nachbargemeinde und liegt nicht im Aufgabenbereich der Stadt.

 

Haushaltszahlen zum Betrieb der Kläranlage im Jahr 2016, eine Herunterrechnung der zu erwartenden Kosten auf zehn Prozent - so groß ist das erwartete Angersbacher Abwasservolumen - und noch einige Daten mehr seien dem von Wartenberg beauftragten Ingenieurbüro zugeliefert worden. Ein pauschaler jährlicher Beitrag biete zudem den Vorteil, einfacher abrechenbar zu sein. Eine genau berechnete Abgabe nach exaktem Verbrauch erfordere einen höheren Aufwand und binde wieder weitere Personalkosten.

 

"Wir bieten Angersbach ein Sorglospaket an, bei dem wir der Dienstleister sind und das Risiko tragen", fasst Pietsch zusammen. "Wir tragen allein die Verantwortung, wenn etwas nachgerüstet werden muss", ergänzt der Bürgermeister an dieser Stelle und verweist auf eine "sehr großzügige" Anpassungsklausel. Wenn eine gravierende Änderung der vereinbarten Größenordnung der Abwassermenge von zehn Prozent im Jahr oder von über 25 Prozent im Zeitraum von fünf Jahren eintreten sollte, ist laut Klausel der jährliche Beitrag anzupassen. Gleiches gelte, das betont der Lauterbacher Stadtchef, natürlich auch umgekehrt: Sollte Lauterbach mehr Abwasser entsorgen und so das Prozentgefüge verschieben, würde Angersbach davon profitieren. Dasselbe gelte für Einsparungen, an denen ebenfalls alle Teil hätten.

 

Die Kläranlage der Stadt sei laufend auf den neuesten Stand gebracht worden, erklären die Lauterbacher Fachleute. Auch aktuell würde nachgerüstet - "aber das müssen wir sowieso", ergänzt Bürgermeister Vollmöller und verweist auf ein Förderprogramm, auf das er setze.

 

"Wir übernehmen das ganze Risiko, was das Personal und das Nachrüsten der Anlage betrifft", fasst Lothar Pietsch zusammen. "Die Vorschriften werden in den kommenden Jahren sicher nicht weniger. Und ein Vertrag bietet für beide Seiten Vorteile, sodass alle mit einem lächelnden Gesicht herauskommen könnten." Auch die Sorge vor großen, unnötigen Investitionen seitens der Wartenberger sei unbegründet. "90 Prozent davon betreffen sowieso uns, und wir müssen alle Ausgaben auch vor dem Parlament rechtfertigen", sagt Lothar Pietsch. Eine Furcht vor überflüssigen Luxusumbauten sei daher abwegig.

 

Auf eine eventuell befürchtete Abhängigkeit Wartenbergs von der Kreisstadt antworten die Lauterbacher mit dem Hinweis auf den Vertrag: "In einem Vertrag ist glasklar geregelt, wer welche Pflichten hat. Und wer diese nicht erfüllt, darf klagen. Es handelt sich hier um ein Dienstleistungsgeschäft wie alle anderen auch. Und Lauterbach ist hier ebenso schadensersatzpflichtig, wenn wir unseren Part nicht erfüllen."

 

"Der Vertrag hätte schon seit April stehen können, das muss ich mal ganz deutlich sagen", betont Lothar Pietsch zum Ende des Gesprächs. "Wir meinen, alles geliefert zu haben. Und es ist nichts nachgefordert worden." Vollmöller ergänzt: "Was die Anschlussgebühr betrifft, sind die Angersbacher wie die Lauterbacher behandelt worden." Dennoch sei die Stadt um 300.000 Euro vom Preis heruntergegangen. "Wir möchten mit ausgestreckter Hand zeigen, dass uns die Zusammenarbeit etwas wert ist." Die Stadt sei mit ihrem Angebot in Vorlage gegangen, habe alle Ebenen der Politik rechtzeitig eingebunden und würde sich nun freuen, wenn es zu einer Zusammenarbeit der beiden Kommunen kommen würde.


Bericht | Annika Rausch



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